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Geschichte sollte man nicht löschen, sondern verarbeiten
Dunkle Schatten auf dem „Konrad-Lorenz-Weg“. Mit der eMail vom 16.06.22 stellte die SPD Fraktion einen Antrag auf Umbenennung der „Von-Halt-Straße“ und Einrichtung einer Experten- /Expertinnen-kommission zur Untersuchung historisch belasteter Straßennamen. Am 29.03.23 hatte sich die AG Straßenumbenennung anhand des Leitfadens der Landeshauptstadt München darauf geeinigt, dass sowohl die „Von-Halt-Straße“ als auch der „Konrad-Lorenz-Weg“ umbenannt werden sollten. Dieses resultierte somit nun zu einem Antrag an den Gemeinderat und damit zu einem Tagesordnungspunkt dieser aktuellen Sitzung.
Wie geht man damit richtig um?
Warum haben wir Deutschen nur solch ein großes Problem mit unserer Geschichte? Besser gesagt warum wollen wir immer und immer wieder Geschichte „löschen“, statt uns der Geschichte zu stellen, zu erklären und daran zu wachsen? Heutzutage würde niemand einen Platz, eine Straße oder gar einen Weg nach Konrad Lorenz benennen. Lorenz machte in der NS-Zeit Karriere, sein rassenideologisches Denken war dem der Nazis eng verbunden. Personen, denen eine aktive Mitwirkung im Unrechtssystem zuzuschreiben ist, sind nach den Maßstäben vieler Prüf-Gremien nicht würdig, mit einem Straßennamen geehrt zu werden. Außer Frage – das würde heute niemand mehr wollen. Aber wie gehen wir damit um, wenn das in der Vergangenheit geschehen ist?
Umbenenner vs. Beibehalter
Die Fraktion der Umbenenner wirft der Fraktion der Beibehalter gerne Geschichtsvergessenheit vor. Aber gerade dieser Vorwurf funktioniert auch andersherum genauso gut. Zu unserer Geschichte gehört es nun mal auch, dass wir solchen vermeidlichen Helden früher auch Kränze geflochten haben, die wir heute ablehnen. Dunklen Kapitel der Vergangenheit stellt man sich nicht, indem man die Spuren tilgt. So kann man die Vergangenheit nicht aufarbeiten, sondern nur vergessen. Wollen wir demnächst auch noch Denkmäler stürzen und Archive säubern?
Legendenschilder als eine Möglichkeit
Warum belässt man nicht die Straßennamen und versieht sie mit Legendenschildern, die über die Geschichte dieser Personen aufklären. Schon im Sommer 2022 hatte die SPD den Antrag gestellt, die „Von-Halt-Straße“ umzubenennen. Dieser Antrag kam im Oktober im Gemeinderat auf den Tisch und wurde mit 10:13 Stimmen abgelehnt. Dem Antragsteller wurde vor der Abstimmung sogar die Wahl gelassen, den Antrag nochmals zurückzunehmen, um erst die Entscheidung einer Experten-/Expertinnenkommission abzuwarten. Aber der Antragsteller wollte diese Abstimmung unbedingt. Siehe hierzu Sitzungsergebnis GRS 20221024, Seite 135, 3. Absatz.
Warum nun die Umbenennung der „Von-Halt-Straße“ zusammen mit der Umbenennung des „Konrad-Lorenz-Weg“ erneut auf der Tagesordnung stand, war nicht nachvollziehbar. Laut Geschäftsführer der Gemeinde Neufahrn würde aber nichts gegen das erneute Abstimmen zu diesem TOP geben. Schließlich hätte man neue Erkenntnisse zum Sachverhalt. Ob nun die neuen Erkenntnisse der Experten-/Expertinnenkommission der Gemeinde Neufahrn dazu ausreichten, mag nun jeder selbst beurteilen.
Zweiter Anlauf war notwendig
Fakt ist, dass die Mehrheit der Gemeinderäte das Ehren dieser Persönlichkeiten mittels eines Straßennamens nicht mehr für angebracht erachtete. Die Abstimmung zeigte aber auch, dass „Von Halt“ (15:8 Stimmen) viel kritischer betrachtet wurde als „Konrad Lorenz“ (12:11 Stimmen). Somit werden beide Straßen umbenannt. Die „Von-Halt-Straße“ wird zur „Gretel-Bergmann-Straße“ und der „Konrad-Lorenz-Weg“ wird zum Edith-Ebers-Weg“.
Anwohner wurden nicht mit ins Boot geholt
Unterschwellig konnte man bei so manchem Gemeinderat auch die Frage heraushören – „Warum hat man die Anwohner nicht auch befragt“. Ok – der Beschluss des Gemeinderates sieht natürlich vor, dass sämtliche behördlichen Kosten (Passwesen etc.) und Kosten für Beschilderungen (Hausnummern etc.) durch die Verwaltung getragen werden. Aber was alles hinter den Türen der Bewohner passieren muss, gerade bei Gewerbetreibenden hinsichtlich von Adressenänderungen, neue Stempel, neues Briefpapier, neue Folierung der Fahrzeuge und vieles mehr – das wurde nicht betrachtet.
Laut Aussage des Bürgermeisters wurden durch die neue Experten-/Expertinnenkommission alle Straßennamen der Gemeinde betrachtet. Mit weiteren Umbenennungen ist nicht zu rechnen. In einem nächsten Schritt werden nun die Legendenschilder angebracht.