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28.01.2016
Innovative Schul- und Bildungspolitik

Lernen fürs Leben oder doch für die Schule – das Kind muss im Mittelpunkt stehen

Am 28.01.2016 hatten die Freien Wähler Neufahrn zu einer Informationsveranstaltung in den Gasthof Gumberger eingeladen. Unter dem Tenor „Innovative Schul- und Bildungspolitik“ wurde ein Themen-Bogen vom Land Bayern, über den Landkreis Freising, bis hin nach Neufahrn geschlagen. Denn in Neufahrn starten nach jetzigem Stand beide Grundschulen mit sogenannten Ganztageszügen in das Schuljahr 2016/17. Details hierzu brachte der letzte Vortrag des Abend, in dem Herr Josef Eschlwech, Rektor der Fürholzer Schule, das Konzept mit seinen gravierenden Vorteilen – aber auch mit eventuellen Nachteilen vorstellte.

Den Einstieg in die Thematik machte aber MdL Prof. Dr. Michael Piazolo. Er bildete den Anfang des Bogens und zitierte gleich den altbekannten Spruch: „Non scholae, sed vitae discimus – Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“. Stellte aber sofort klar, dass das ursprüngliche Seneca-Zitat genau anders herum lautet. Schon damals wurde Kritik an den römischen Philosphenschulen geäußert. Heute wäre man wieder soweit. Der Druck auf die Kinder wird größer, gerade wenn es um Übergangszeugnisse geht, lernt man nur noch für die Schule. Piazolo fordert deshalb mehr Zeit, mehr Kompetenzen, mehr Flexibilität und so wieder den Weg zum Lernen fürs Leben. Nach der Flexibilität stellte Piazolo die Individualität in den Vordergrund. Aus dem Buch „Unterm Rad“ von Hans Giebenrath erzählte er kurz von einem begabten Kind das immer mehr zur Lernen gedrängt wurde, bis der Druck zu groß war. Die Individualität bei diesem Kind ging verloren – als Original geboren, stirbt man als Kopie. 40% der Flüchtlinge in Bayern müssen laut Piazolo beschult werden. Hier heißt es Kinder zu individualisieren, das wird die zukünftige Herausforderung in der Schul- und Bildungspolitik in Bayern werden. Hier greift auch der Leitsatz der Freien Wähler und wofür sie laut Piazolo auch stehen: Der Mensch im Mittelpunkt – also auch das Kind im Mittelpunkt.

MdL Benno Zierer gab in seinem Vortrag einen kurzen Abriss über die finanziellen Herausforderungen des Landkreises Freising. Freising plant derzeit die Gymnasien durch den Landkreis übernehmen zu lassen. Dieses würde aber nur gelingen, wenn vorher einige gravierende Sanierungsarbeiten durchgeführt würden. Erst dann wäre eine Übernahme, also ein Wechsel der Trägerschaft  durch den Landkreis möglich. Allein für den Schulunterhalt würde laut Zierer der Landkreis derzeit 20 Mio. im Jahr aufbringen. Es könnte auch sein, dass dem Freisinger Modell dann andere Gemeinden, also auch Neufahrn folgen. Denkbar wäre es laut Zierer auch für das OMG.

Den Abschluss der Veranstaltung bildete Josef Eschlwech. Als Rektor der Fürholzer Schule stellte er das Konzept der gebundenen Ganztagszüge an beiden Neufahrner Grundschulen vor. Gleich zwei Begriffe die klar und deutlich herausstellen, was das Konzept der beiden Grundschulen ausmacht. Es wird keine reine Ganztagsschule geben. Jede der beiden Schulen werden nur sogenannte Ganztagszüge, d.h. einige Klassen pro Jahrgangsstufe als Ganztagsklassen anbieten. Die restlichen Klassen unterliegen weiterhin dem Regelschulbetrieb. Und es werden gebundene Ganztagszüge sein. Der Unterrichtstag in einem gebundenen Ganztagssystem ist rhythmisiert. D.h. Lernzeiten stehen im Wechsel mit musikalisch, künstlerischen und sportlichen Angeboten sowie Erholungsphasen. Setzt man in der ersten Klasse 23 Lernstunden voraus, dann werden in einem offenen System diese an den Vormittagen erfüllt und nachmittags erfolgt nur noch eine Betreuung. Im gebundenen System findet eine Streuung der Stunden statt. Somit ist es durchaus möglich, dass auch nachmittags noch Lernzeiten anstehen und vormittags auch Angebote z.B. zur Förderung der Sozialkompetenz mit angeboten werden.

Beide Rektoren, Frau Heck als Rektorin der Jahnschule war auch anwesend, stehen zu 100% hinter dem Konzept und nehmen die Herausforderung an. Die Schulen starten im Schuljahr 2016/17 mit den 1. Klassen und lassen jedes Jahr einen weiteren Jahrgang folgen, sodass in 4 Jahren alle Jahrgangsstufen über Ganztagszüge verfügen könnten. Könnten heißt: Jedes Jahr muss eine Bedarfsabfrage bei den Eltern durchgeführt werden. Erst dann kann die jeweilige Klassenanzahl beim Ministerium beantragt werden.

Als besondere Herausforderung sieht Eschlwech die sogenannten Randzeiten. Die Ganztagszüge sind verbindlich Mo. bis Do. von 08:00 bis 15:30 Uhr (Fr. bis 12:15 Uhr) in der Schule. Eine Betreuung der Kinder außerhalb der Schulzeiten findet nicht durch die Schule statt.

Hier kommt nun die Gemeinde ist Spiel und ist gefordert – denn schließlich sprechen wir hier auch von 14 Wochen Schulferien, in denen die Kinder betreut werden müssten, wenn die Eltern sich für gute Konzept der Ganztagsschule entscheiden möchten. Die derzeit geringe Anzahl an unverbindlichen Anmeldungen für die Ganztagszüge an beiden Schulen spiegelt die Verunsicherung der Eltern wider. Ohne Ferienbetreuung wird das Bestehen eines solchen Ganztagsschulkonzeptes schwer werden.