10.10.2019
#IMMOBILIENMARKT

Am 10.10.2019 konnte der Vorsitzende des Ortsverbandes der FREIEN WÄHLER in Neufahrn, Manfred Holzer eine hochkarätige Dialogveranstaltung zum Thema Immobilienmarkt eröffnen. Als Referenten wurden neben dem Bürgermeisterkandidat Norbert Manhart, die Architektin Petra Heilgemair und der Geschäftsführer der Hepting Immobilien GmbH, Christoph Hepting gewonnen. Beide Letztgenannten sind in Neufahrn als Fachleute im Punkto Immobilienmarkt absolut anerkannt und konnten neben Norbert Manhart fundiertes Fachwissen vorbringen.

Norbert Manhart stieg in die umfangreiche Thematik mit dem Blick auf die Zinsentwicklung ein. So seien während seiner Berufsausbildung zum Bankkaufmann noch deutlich höhere Kreditzinsen berechnet worden. Zur Zeit seiner eigenen Baufinanzierung habe man sich noch über einen Zinssatz, der bei etwas fünf Prozent lag, gefreut und diesen auch für mehrere Jahre festgeschrieben. Heute wird hingegen mit gut einem Prozent finanziert und für höhere Sparguthaben werden teilweise schon Negativzinsen berechnet. Es gibt viel Geld, das in Immobilien investiert werden möchte, da hier noch vernünftige Renditen erzielt werden können. Jedoch fehlen oft die Grundstücke hierfür. Eine Enteignung, die der Bundesvorstand der Grünen auf den Weg bringen möchte, hält Norbert Manhart aber für den falschen Weg.

Christoph Hepting beleuchtete die Immobilienmarktsituation mit einem Blick auf die Kaufpreise. Er konnte darlegen, dass allein im Bereich des Kaufpreises für Wohnungen es in den letzten 10 Jahren zu einer deutlichen Steigerung von 2,5% kam. Für einen Quadratmeter Wohnfläche bei einer Wohnung aus den 70er Jahren müsste man derzeit ca. 4000 € aufbringen, im Neubaubereich würde der Kaufpreis sogar nochmals 2.500 € darüber liegen. Eine ähnliche Entwicklung könne man, so Christoph Hepting, auch im Bereich der Einfamilienhäuser verzeichnen. Freistehende EFH hätten schon längst die Schallgrenze von 1 Million Euro überstiegen. Musste man 2010 etwa 530 € für einen Quadratmeter Bauland aufbringen, so liegt man heute bei 1.350 €/m². Jedoch gibt es schon lange keine unbebauten Grundstücke mehr auf dem Markt. Sein Immobilienbüro hat vor ca. 8 Jahren das letzte Bauland vermittelt. Er begründet die Preissteigerungen mit dem gestiegenen Wohlstand in der Region und mit dem Bedürfnis nach mehr Wohnfläche. So wurden im Jahr 1987 noch im Durchschnitt 35 m² pro Person bewohnt – heute sind es 45 m². Der Megatrend „New York“ macht sich auch bei uns im Großraum München bemerkbar. In und rund um München gibt es sehr viele Arbeitsplätze. Viele Arbeitnehmer ziehen deshalb in diese Region, was die Nachfrage nach Wohnungen antreibt.
Ein weiterer Aspekt ist auch, dass die Anzahl der Singlehaushalte deutlich angestiegen ist. Christoph Hepting sagte scherzhaft, wenn man die Singles in München verkuppeln würde, dann wäre die Wohnungsnot beseitigt. In München gibt es derzeit ca. 50 % Singlehaushalte – ein rekordverdächtiger Wert.
Bei den Maßnahmen um die Situation vor Ort zu entschärfen sieht er den kommunalen Wohnungsbau und Einheimischenmodelle als gute Lösungsansätze. Letztere haben zwar jetzt andere Auflagen von der EU bekommen, aber sie werden in vielen anderen Gemeinden erfolgreich praktiziert. Letztlich darf das Kriterium „Wohnort“ nur mit maximal 50 Prozent in die Gesamtbewertung einfließen. Abgeschafft ist das Einheimischenmodell dadurch aber bestimmt nicht. Als gelungenes Beispiel für kommunalen Wohnungsbau nannte Christoph Hepting einen Parkplatz in der Nähe des Dantebades in München, wo man auf Stelzen noch viele bezahlbare Wohnungen über dieser Parkplatz geschaffen hat. In der Aufstellung von Mietspiegeln sieht er keine Hilfe für geplagte Mieter. Diese Transparenz wird eher dazu führen, dass sich die Messlatte für Mieten nach oben entwickeln wird. Das Finanzamt schreibt in Kommunen mit Mietspiegeln sogar Vermieter, die zu niedrige Mieten an, dass die Mieten nicht marktgerecht sind und höhere Steuern für die marktübliche Miete zu entrichten sind. Ferner kostet so ein Mietspiegel mit Erhebung des Datenmaterials einer Kommune einen sechsstelligen Betrag und dies alle zwei Jahre, denn der Markt entwickelt sich schnell. Das aufgewendete Geld ist in kommunale Wohnungen sicherlich besser investiert. Das hilft den Menschen vor Ort mehr als Mietspiegel, die Vermieter eher dazu veranlassen die Mieten auf das Marktniveau zu erhöhen.

Abschließend beschrieb Petra Heilgemair vier Problemzonen bei der wohnbaulichen Entwicklung in Neufahrn. Sie vermisst als ersten Aspekt ein übergeordnetes Konzept der Ortsplanung. Derzeit haben Investoren ein leichtes Spiel und können das umsetzten, was sie wollen ohne dass die Gemeinde ihre Interessen einbringt. Die Investoren können ihre Gewinne maximieren ohne dass die Gemeinde steuernd eingreift. Ein weiterer Punkt ist, dass diese Art der Bebauung wertvolle Grünflächen für immer verschwinden lässt und Boden extrem versiegelt wird. Dadurch bedingte Nachteile sind, dass sich die Orte immer mehr aufheizen, Beschattungen durch hoch gewachsene Bäume verloren gehen und der notwendige Luftaustauch nicht mehr im erforderlichen Maße stattfinden kann.
In München ist diese Art der Negativentwicklung schon gut messbar und ein Umsteuern hat bereits stattgefunden. Als dritten Punkt nannte sie, dass sich Neufahrn immer mehr zu einem gesichtslosen Ort entwickelt, da identitätsstiftende Gebäude und Grünflächen verschwinden und zu wenige Begegnungsstätten in den Wohngebieten geschaffen werden. Petra Heilgemair stellte fest, dass gerade bei der jüngeren Generation der Bezug und die Identität mit dem Ort immer mehr verloren ginge. Als letzten Punkt nannte sie die Boardinghäuser, die viele Probleme nach sich ziehen. Mit Blick auf das Jahr 2040 stellt sie fest, dass nach derzeitigem Stand der Zuzug unaufhaltsam weiter gehen wird. Die angespannte Wohnungssituation bleibt und die Situation der überfüllten Verkehrswege wird sich verschärfen, da die Infrastruktur nicht adäquat geplant wird. Die Probleme treten nicht selten auch jetzt schon im Gemeindegebiet Neufahrn auf.

Deshalb zeigt sie folgende Lösungsansätze auf: Infrastruktur vorausschauend planen, bezahlbaren Wohnraum für Senioren, Geringverdiener und junge Familien schaffen, insbesondere bei Neuausweisungen von Wohngebieten. Durchmischte Baustrukturen und Schaffen von Mehrgenerationenhäusern sind hierzu ein wichtiger Erfolgsgarant. Freiräume gestalten und wertvolle Gebäude und Strukturen schützen. Es muss eine übergeordnete gemeindliche Planung geschaffen werden und bei dieser Bauleitplanung müssen die Bürger mitgenommen werden. Zum Schluss stellt sie noch zwei gelungene Beispiele für gut durchdachte Wohngebietsentwicklungen aus Garmisch-Patenkirchen und Weyarn vor.

Es gibt Wege für Neufahrn – man muss sie nur gehen wollen. Gestalten statt verwalten, agieren, statt reagieren. Christoph Hepting sagte im Vorfeld den Satz: „…damit Neufahrner Neufahrner bleiben können“